Der Impuls

Eine weitere Erhaltungsgröße, die bei der Wechselwirkung zwischen zwei oder mehreren Körpern eine zentrale Rolle spielt, ist der Impuls.

Um zu verstehen, welche Rolle der Impuls spielt und was man darunter versteht, wird eine Reihe von Versuchen durchgeführt, in denen zwei Wagen auf einer Luftkissenbahn zusammenstoßen und so miteinander wechselwirken.

Versuch 1:

Zwei Wagen mit unterschiedlicher Masse stehen in der Mitte einer Luftkissenbahn.

An einem der beiden Wagen befindet sich ein Federbügel. Die beiden Wagen werden mit einer Schnur so zusammengebunden, dass der Federbügel zusammengedrückt wird. Beide Wagen befinden sich zunächst in Ruhe.

Nun wird die Schnur durchtrennt (entweder mit einer Schere oder mit einem Feuerzeug).

Beobachtung:

Die beiden Wagen stoßen sich voneinander ab und bewegen sich in entgegengesetzte Richtung.

Um die Zusammenhänge zwischen den Massen und den Geschwindigkeiten der beiden Wagen genauer zu erfassen, werden die Geschwindigkeiten der Wagen 1 und 2 mit Hilfe zweier Lichtschranken ermittelt. Dabei wird (willkürlich) die Richtung des Wagens 2 als negative Richtung festgelegt.

(Es werden jeweils die Dunkelzeiten gemessen – mit Hilfe der Länge der Wagen lassen sich dann die Geschwindigkeiten berechnen.)

Außerdem werden die Massen der beiden Wagen bestimmt.

Messwerte:

m_{1} in kg v_{1} in \dfrac {m}{s} m_{1}\cdot v_{1} in \dfrac {kgm}{s}
0,1 1,5 0,15
m_{2} in kg v_{2} in \dfrac {m}{s} m_{2}\cdot v_{2} in \dfrac {kgm}{s}
0,2 -0,75 -0,15

Ergebnis:

Nach dem Abstoßen hat der Wagen mit der größeren Masse die kleinere Geschwindigkeit und umgekehrt.

Es gilt:

\dfrac {m_{1}}{m_{2}}=\dfrac {v_{2}}{-v_{1}}     bzw.     \dfrac {m_{1}}{m_{2}}=\dfrac {\left| v_{2}\right| }{\left| v_{1}\right| }

Das bedeutet:

Das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit ist bei beiden Wagen gleich jedoch mit entgegengesetztem Vorzeichen:

m_{1}\cdot v_{1}=-m_{2}\cdot v_{2}

Erklärung:

Nach dem Wechselwirkungsprinzip stoßen sich beide Wagen gegenseitig mit der gleichen Kraft ab. Aufgrund der größeren Trägheit des Wagens mit der größeren Masse erfährt dieser eine kleinere Beschleunigung und erreicht damit eine niedrigere Geschwindigkeit als der Wagen mit der kleineren Masse.

Das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit wird als Impuls bezeichnet.

Der Impuls charakterisiert den Bewegungszustand der beiden Wagen. Die Beträge dieser Bewegungsgröße sind für beide Wagen gleich.

Der Impuls

Das Produkt aus der Masse eines Körpers und seiner Geschwindigkeit bezeichnet man als Impuls p:

\overrightarrow {p}=m\cdot \overrightarrow {v}

Der Impuls ist eine vektorielle Größe.

Die Richtung des Impulses stimmt mit der Bewegungsrichtung (Richtung der Geschwindigkeit) des Körpers überein.

Die Einheit des Impulses ist  1\dfrac {kgm}{s} = 1\, Ns

Beispiel:

Ein Körper mit einer Masse von m = 10 kg, der sich mit einer Geschwindigkeit von v = 3 m/s bewegt, hat einen Impuls von

p=m\cdot v =10\, kg\cdot 3\frac {m}{s}=30\, Ns

Der elastische Stoß

Stoßen zwei Körper zusammen und trennen sich nach dem Stoß wieder, ohne dass diese dabei dauerhaft deformiert werden, spricht man von einem elastischen Stoß.

Bewegen sich die beiden Stoßpartner entlang einer Geraden aufeinander zu und stoßen zentral aufeinander, handelt es sich um einen zentralen Stoß.

Wir wollen nun untersuchen, wie sich die Geschwindigkeiten zweier Stoßpartner nach einem zentralen elastischen Stoß in Abhängigkeit von ihren Massen und Geschwindigkeiten vor dem Stoß verhalten.

Versuch 2:

Zwei Wagen mit je einem Federbügel auf der Stoßseite werden auf einer Luftkissenbahn mit verschiedenen Geschwindigkeiten aufeinander zu bewegt.

Es werden die Massen der beiden Wagen sowie die Geschwindigkeiten vor und nach den Stoß bestimmt.

Um die Geschwindigkeiten und Impulse vor und nach dem Stoß voneinander zu unterscheiden, werden folgende Bezeichnungen verwendet:

Die Geschwindigkeiten vor dem Stoß werden mit v bezeichnet.

Die Geschwindigkeiten nach dem Stoß werden mit u bezeichnet.

Die Impulse vor dem Stoß werden mit p bezeichnet.

Die Impulse nach dem Stoß werden mit p’ bezeichnet.

Im Anschluss an die Messungen werden jeweils folgende Größen berechnet:

Impulse der beiden Wagen vor und nach dem Stoß

Gesamtimpuls vor und nach dem Stoß

Kinetische Energie der beiden Wagen vor und nach dem Stoß

Gesamte kinetische Energie vor und nach dem Stoß

Teilversuch 1

Im ersten Teilversuch fährt Wagen 1 auf den stehenden Wagen 2, der eine größere Masse hat, auf.

Es gilt also:

m1 < m2     und     v2 = 0

Die Massen der beiden Wagen betragen

m1 = 150 g

m2 = 200 g

Beobachtung:

Wagen 1 wird zurückgestoßen, wechselt also seine Richtung.

Wagen 2 bewegt sich in Richtung des Stoßes.

Messwerte und Berechnungen

Vor dem Stoß:

Elastischer Stoß - vor dem Stoß

v_{1} 1,2 \frac {m}{s} v_{2} 0
p_{1} 0,18 Ns p_{2} 0
E_{kin,1} 0,108 J E_{kin,2} 0
Gesamtenergie und -impuls:
p_{ges} 0,18 Ns
E_{kin,ges}  0,108 J

Für den Gesamtimpuls gilt:

p_{ges}=p_{1}+p_{2}=p_{1}=0,18\, Ns

Für die Gesamtenergie gilt:

E_{kin,ges}=E_{kin,1}+E_{kin,2}=E_{kin,1}=0,108\, J

Nach dem Stoß:

Elastischer Stoß - nach dem Stoß

u_{1} -0,17 \frac {m}{s} u_{2} 1,03 \frac {m}{s}
p_{1}' -0,0255 Ns p_{2}' 0,206 Ns
E_{kin,1} 0,002 J E_{kin,2} 0,106
Gesamtenergie und -impuls:
p_{ges}' 0,18 Ns
E_{kin,ges}  0,108 J

Für den Gesamtimpuls gilt:

p_{ges}'=p_{1}'+p_{2}'=0,18\, Ns

Für die Gesamtenergie gilt:

E_{kin,ges}=E_{kin,1}+E_{kin,2}=0,108\, J

Hinweis:

Wichtig bei der Berechnung des Gesamtimpulses ist, dass man die unterschiedlichen Vorzeichen von p1 und p2 (bzw. p’1 und p’2) berücksichtigt. So sind die Impulse der beiden Wagen nach dem Stoß größer als der Gesamtimpuls, da Wagen 1 zurückgestoßen wurde. Er hat also nicht nur seinen gesamten Impuls an Wagen 2 abgegeben, sondern einen größeren Impuls als er vorher hatte. Dafür ist der Impuls von Wagen 1 nach dem Stoß negativ.

Ergebnis:

Gesamtenergie sowie Gesamtimpuls sind nach dem Stoß in etwa so groß wie vor dem Stoß.

Das bedeutet:  Sowohl Energie als auch Impuls bleiben weitgehend erhalten.

Es folgen weitere Teilversuche, in denen die Massen sowie die Geschwindigkeiten der beiden Wagen variiert werden. Die Ergebnisse werden im Folgenden kurz zusammengefasst:

Teilversuch 2

Der Wagen mit der größeren Masse stößt auf den ruhenden Wagen mit der kleineren Masse:

m1 > m2     und     v2 = 0

Beobachtung / Ergebnis:

Wagen 1 behält seine Bewegungsrichtung bei, wird jedoch langsamer.

Wagen 2 wird in Stoßrichtung weggestoßen und bewegt sich schneller als Wagen 1.

Es gilt:   u1 < v1   und   u2 > u1

Teilversuch 3

Beide Wagen haben die gleiche Masse, ein Wagen ist vor dem Stoß in Ruhe:

m1 = m2     und     v2 = 0

Beobachtung / Ergebnis:

Wagen 1 bleibt stehen.

Wagen 2 bewegt sich mit der gleichen Geschwindigkeit wie Wagen 1 vor dem Stoß.

Er übernimmt also die Geschwindigkeit und damit auch Energie und Impuls von Wagen 1.

Es gilt:     mv1 = m2 u2

Teilversuch 4

Beide Wagen haben die gleiche Masse und fahren aufeinander zu:

m1 = m2     und     v1 ≠ 0   sowie   v2 ≠ 0   (entgegengesetzte Richtungen)

Beobachtung / Ergebnis:

Beide Wagen wechseln ihre Bewegungsrichtung und entfernen sich nach dem Stoß voneinander.

Teilversuch 5

Beide Wagen haben die gleiche Masse und fahren in die gleiche Richtung. Wagen 1 ist schneller als Wagen 2 und fährt auf ihn auf.

m1 = m2     und     v1 > v2

Beobachtung / Ergebnis:

Wagen 1 wird durch den Stoß etwas langsamer, Wagen 2 wird beschleunigt. Nach dem Stoß vergrößert sich ihr Abstand voneinander.

Es gilt:     u2 > u1

Bei allen Versuchen werden wie in Teilversuch 1 Impulse und Energien vor und nach dem Stoß berechnet.

Grenzfälle:

Sind die Massen der Wagen 1 und 2 extrem unterschiedlich, ergeben sich folgende Grenzfälle:

1)   m1 << m2     und     v2 = 0

Beispiel: Man wirft einen Flummi gegen eine Wand.

Ergebnis: Der Flummi kommt annähernd mit seiner ursprünglichen Geschwindigkeit (jedoch in Gegenrichtung) zurück. Die Wand bewegt sich nicht.

Es gilt annähernd:   u1 = -v1     und    u2 = 0

Ergebnisse aller Versuche zum elastischen Stoß:

1. Die Summe der kinetischen Energien ist nach dem Stoß annähernd so groß wie vor dem Stoß. Die kinetische Energie bleibt nach allen Stößen weitgehend erhalten.

2. Die Summe der Impulse ist nach dem Stoß so groß wie vor dem Stoß. Der Gesamtimpuls bleibt nach allen Stößen erhalten.

Dieses Ergebnis ist nicht auf die hier beschriebenen Versuche beschränkt, sondern es handelt sich um ein universelles Prinzip.

Das bedeutet:  Auch der Impuls ist eine Erhaltungsgröße!

Impulserhaltungssatz

In einem abgeschlossenen System bleibt der Gesamtimpuls konstant.

Der Gesamtimpuls p ist die vektorielle Summe der Einzelimpulse aller Körper des Systems:

p_{ges}=m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}+...

Für vollkommen elastische Stöße bleibt außerdem die kinetische Energie erhalten:

Bei einem vollkommen elastischen Stoß ist die Summe der kinetischen Energien der Stoßpartner nach dem Stoß genau groß wie vorher.

Zusammenfassung aller Ergebnisse zum zentralen elastischen Stoß:

Bewegen sich zwei Körper mit den Massen m1 und m2 vor einem elastischen Stoß auf derselben Geraden mit den Geschwindigkeiten v1 und v2, so bewegen sie sich nach dem Stoß immer noch auf dieser Geraden mit den Geschwindigkeiten u1 und u2.

Dabei gilt

1) Impulserhaltung

m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}=m_{1}u_{1}+m_{2}u_{2}

2) Energieerhaltung

\frac {1}{2}m_{1}v_{1}^{2}+\frac {1}{2}m_{2}v_{2}^{2}=\frac {1}{2}m_{1}u_{1}^{2}+\frac {1}{2}m_{2}u_{2}^{2}

Der unelastische Stoß

Ein Stoß heißt unelastisch, wenn die Stoßpartner nach dem Stoß miteinander verbunden bleiben und die Deformation an der Stoßstelle erhalten bleibt (Beispiel: Zwei Autos stoßen zusammen und bleiben ineinander verkeilt).

Die beiden Stoßpartner bewegen sich dann nach dem Stoß mit einer gemeinsamen Geschwindigkeit u.

Wir wollen nun untersuchen, ob auch bei unelastischen Stößen Impuls und Energie erhalten bleiben.

Versuch 3:

Die beiden Wagen werden mit der Stoßseite mit je einem Stück Knetgummi  versehen, so dass sie nach dem Stoß aneinander hängen bleiben und sich mit einer gemeinsamen Geschwindigkeit weiter bewegen.

Teilversuch 1

Beide Wagen haben die gleiche Masse. Wagen 2 ist in Ruhe, Wagen 1 fährt auf Wagen 2 auf.

m1 = m2     und     v2 = 0

Die Massen der beiden Wagen betragen m1 = m2 = 200g

Beobachtung:

Nach dem Stoß bewegen sich beide Wagen in Richtung von Wagen 1 mit verringerter Geschwindigkeit.

Messwerte und Berechnungen

Vor dem Stoß:

Unelastischer Stoß vorher

v_{1} 1,2 \frac {m}{s} v_{2} 0
p_{1} 0,24 Ns p_{2} 0
E_{kin,1} 0,144 J E_{kin,2} 0
Gesamtenergie und -impuls:
p_{ges} 0,24 Ns
E_{kin,ges}  0,144 J

Für den Gesamtimpuls gilt:

p_{ges}=p_{1}+p_{2}=p_{1}=0,24\, Ns

Für die Gesamtenergie gilt:

E_{kin,ges}=E_{kin,1}+E_{kin,2}

=E_{kin,1}=0,144\, J

Nach dem Stoß:

Unelastischer Stoß nachher

u 0,6 \frac {m}{s}
Gesamtenergie und -impuls:
p_{ges}' 0,24 Ns
E_{kin,ges}  0,072 J

Für den Gesamtimpuls gilt:

p_{ges}=\left(m_{1}+m_{2}\right)\cdot u=0,24\, Ns

Für die Gesamtenergie gilt:

E_{kin,ges}=\frac {1}{2}\cdot \left(m_{1}+m_{2}\right)\cdot u^{2}=0,072\, J

Ergebnis:

Der Gesamtimpuls ist nach dem Stoß so groß wie vor dem Stoß.

Die Gesamtenergie ist nach dem Stoß kleiner als vor dem Stoß.

Der Impuls bleibt also erhalten, die kinetische Energie jedoch nicht (Ein Teil der kinetischen Energie wird in Wärmeenergie umgewandelt und geht damit scheinbar “verloren”).

Es folgen weitere Teilversuche, in denen die Massen sowie die Geschwindigkeiten der beiden Wagen variiert werden. Die Ergebnisse werden im folgenden kurz zusammengefasst:

Teilversuch 2

Beide Wagen haben die gleiche Masse und bewegen sich mit gleich großer aber entgegengesetzter Geschwindigkeit aufeinander zu.

Es gilt:

m1 = m2     und     v2 = – v1

Beobachtung / Ergebnis:

Nach dem Stoß bleiben beide Wagen stehen:

Es gilt:   u = 0

Damit ist auch die kinetische Energie nach dem Stoß 0. Die kinetische Energie wurde durch die Verformung des Knetgummis vollständig in Wärmeenergie umgewandelt.

Teilversuch 3

Ein Wagen fährt auf einen stehenden Wagen mit einer größeren Masse auf.

Es gilt:

m1 < m2     und     v2 = 0

Beobachtung / Ergebnis:

Nach dem Stoß bewegen sich beide Wagen in die Richtung, aus der Wagen 1 kam, allerdings mit deutlich verringerter Geschwindigkeit.

Es gilt:   u << v1

Grenzfälle:

Ist die Masse der beiden Stoßpartner extrem unterschiedlich, ergeben sich folgende Grenzfälle:

1)   m1 >> m2     und     v2 = 0

Beispiel: Ein Lastwagen fährt auf einen Kleinwagen auf

Ergebnis: Nach dem Stoß bewegen sich Lastwagen und Kleinwagen fast mit unverminderter Geschwindigkeit (des Lastwagens) weiter.

Es gilt annähernd:   u = v1

2)   m1 << m2     und     v2 = 0

Beispiel: Jemand wirft eine Knetgummikugel auf einen stehende Lastwagen.

Ergebnis: Die Knetgummikugel bleibt auf dem Lastwagen kleben und in Ruhe – der Lastwagen bleibt stehen.

Es gilt annähernd:   u = v2 = 0

Ergebnisse aller Versuche zum unelastischen Stoß:

1. Der Gesamtimpuls ist nach dem Stoß genauso groß wie vor dem Stoß. Der Impuls bleibt bei allen Versuchen erhalten.

2. Die kinetische Energie ist nach den Stößen kleiner als vor den Stößen. Der Verlust an kinetischer Energie hängt von den Geschwindigkeiten und den Massen der beiden Stoßpartner ab. In einem Fall (Teilversuch 2) geht sogar die gesamte kinetische Energie verloren.

Auch beim unelastischen Stoß bleibt der Gesamtimpuls erhalten.

Es gilt:     m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}=\left(m_{1}+m_{2}\right)u

Die kinetische Energie ist nach dem Stoß kleiner als vor dem Stoß. Ein Teil der kinetischen Energie wird durch die Verformung in Wärmeenergie umgewandelt.

Berechnung der Geschwindigkeiten nach dem Stoß

Mit Hilfe des Impulserhaltungssatzes (s.o.) lassen sich die Geschwindigkeiten für alle Stoßpartner nach dem Stoß berechnen.

1) Unelastischer Stoß

Da es nach einem unelastischen stoß nur eine Geschwindigkeit gibt, ist die Herleitung der Geschwindigkeit nach dem Stoß für den unelastischen Stoß sehr einfach:

Aus der Formulierung der Impulserhaltung

p_{1}+p_{2}=p_{ges}'        und damit        m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}=\left(m_{1}+m_{2}\right)u

ergibt sich:        u=\dfrac {m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}}{m_{1}+m_{2}}

Beim unelastischen Stoß beträgt die Geschwindigkeit nach dem Stoß

u=\dfrac {m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}}{m_{1}+m_{2}}

Beispielaufgabe zum unelastischen Stoß

Auf ein langsames Auto (v1) fährt von hinten ein schnelleres Auto mit doppelter Geschwindigkeit  (v2 = 2·v1) auf. Beide haben die gleiche Masse  (m1 = m2).

Hinweis: Da keine Zahlenwerte gegeben sind, suchen wir eine allgemeine Lösung, die auf alle Massen und Geschwindigkeiten übertragbar ist.

a) Welche Geschwindigkeit haben die beiden ineinander verkeilten Wagen nach dem Unfall?

b) Wie groß ist der Verlust an kinetischer Energie?

(Hinweis: Die Reibung zwischen Autos und Straße soll vernachlässigt werden.)

Lösung:

a) Es gilt:     u= \dfrac {mv_{1}+m\cdot 2v_{1}}{2m}=1,5\cdot v_{1}

Die beiden Autos bewegen sich nach dem Stoß mit der 1,5-fachen Geschwindigkeit des aufgefahrenen (langsameren) Autos weiter.

b) Der Verlust an kinetischer Energie ergibt sich aus der Differenz der Energie vor dem Stoß und nach dem Stoß:

\Delta E=E_{vor}-E_{nach}

Für die kinetische Energie vor dem Stoß gilt:

E_{vor}=\frac {1}{2}m_{1}v_{1}^{2}+\frac {1}{2}m_{2}v_{2}^{2}

Für dieses Beispiel (m1 = m2 = m  und  v1 = 2·v2) gilt:

\frac {1}{2}mv_{1}^{2}+\frac {1}{2}m\left(2\, v_{1}\right)^{2}=2,5\, mv_{1}^{2}

Die kinetische Energie nach dem Stoß beträgt:

E_{nach}=\frac {1}{2}mu^{2}=\frac {1}{2}\left(m_{1}+m_{2}\right) \left(1,5\, v_{1}\right)^{2}=2,25\, mv_{1}^{2}

Damit ergibt sich für den Energieverlust:

\Delta E=2,5\, mv_{1}^{2}-2,25\, mv_{1}^{2}=0,25\, mv_{1}^{2}

Um den Energieverlust in Prozent zu berechnen, bringen wir den absoluten Energieverlust ins Verhältnis zur Gesamtenergie vor dem Stoß:

\dfrac {E_{nach}}{E_{vor}}=\dfrac {0,25\, mv_{1}^{2}}{2,5\, mv_{1}^{2}}=0,1

Der Energieverlust beträgt also 10%.          [ Es gilt:  \dfrac {\Delta E}{E_{vor}}\cdot 100% = Energieverlust in % ]

Allgemein gilt für den Energieverlust nach einem unelastischen Stoß:

\Delta E=E_{vor}-E_{nach}

\Delta E=\frac {1}{2}m_{1}v_{1}^{2}+\frac {1}{2}m_{2}v_{2}^{2}-\frac {1}{2}mu^{2}

Dabei ist m die Summe der beiden Massen m_{1} und m_{2}, also gilt:

\Delta E=\frac {1}{2}m_{1}v_{1}^{2}+\frac {1}{2}m_{2}v_{2}^{2}-\frac {1}{2}\left(m_{1}+m_{2}\right) u^{2}

Durch Umformungen ergibt sich schließlich:

Der Verlust an kinetischer Energie nach einem zentralen unelastischen Stoß beträgt

\Delta E=\dfrac {1}{2} \dfrac {m_{1}m_{2}}{m_{1}+m_{2}}\cdot \left(v_{1}\pm v_{2}\right)^{2}

Das Minuszeichen in der Klammer gilt, wenn die Bewegungsrichtungen der Stoßpartner vor dem Stoß gleich sind, das Pluszeichen, wenn v1 und v2 entgegengesetzt sind.

Bei einem Frontalzusammenstoß ist der Verlust an kinetischer Energie und damit die zerstörerische Verformungsenergie am größten!

2) Elastischer Stoß

Für die Berechnung der Geschwindigkeit der beiden Stoßpartner nach einem elastischen Stoß benötigen wir sowohl den Impulserhatungssatz als auch den Energieerhaltungssatz.

Der Impulserhaltungssatz für den elastischen Stoß lautet:

m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}=m_{1}u_{1}+m_{2}u_{2}

Der Energieerhaltungssatz für den elastischen Stoß lautet:

\frac {1}{2}m_{1}v_{1}^{2}+\frac {1}{2}m_{2}v_{2}^{2}=\frac {1}{2}m_{1}u_{1}^{2}+\frac {1}{2}m_{2}u_{2}^{2}

Bringt man alle Terme von Wagen 1 auf die linke Seite, erhält man

\frac {1}{2}m_{1}v_{1}^{2}-\frac {1}{2}m_{1}u_{1}^{2}=\frac {1}{2}m_{2}u_{2}^{2}-\frac {1}{2}m_{2}v_{2}^{2}

Nun klammern wir die Differenzen der Geschwindigkeiten vor und nach dem Stoß aus:

\frac {1}{2}m_{1}\left(v_{1}^{2}-u_{1}^{2}\right)=\frac {1}{2}m_{2}\left( u_{2}^{2}-v_{2}^{2}\right)

Wir multiplizieren nun beide Seiten mit 2 und wenden die 2. binomische Formel an:  \left(a^{2}-b^{2}\right)=\left(a+b\right)\left(a-b\right)

Damit ergibt sich

m_{1}\left(v_{1}+u_{1}\right) \left( v_{1}-u_{1}\right)=m_{2}\left(u_{2}+v_{2}\right) \left(u_{2}-v_{2}\right)

Durch Dividieren durch die gleichermaßen umgestellte Impulsgleichung

m_{1}v_{1}-m_{1}u_{1}=m_{2}u_{2}-m_{2}v_{2}     bzw.     m_{1}\left(v_{1}-u_{1}\right)=m_{2}\left(u_{2}-v_{2}\right)

erhält man:

v_{1}+u_{1}=v_{2}+u_{2}

Umstellen nach u_{1} bzw. u_{2} liefert:

u_{2}=v_{1}+u_{1}-v_{2}     und     u_{1}=v_{2}+u_{2}-v_{1}

In der Impulsgleichung (alle Terme mit u1 bzw. u2 auf eine Seite) kann man damit nun u1 bzw. u2 ersetzen. Damit ergibt sich:

m_{1}u_{1}=m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}-m_{2}\left(v_{1}+u_{1}-v_{2}\right)

Durch Ausmultiplizieren erhält man

m_{1}u_{1}=m_{1}v_{1}+m_{2}v_{2}-m_{2}v_{1}+m_{2}u_{1}-m_{2}v_{2}

Zusammenfassen und Ausklammern von v1 liefert

m_{1}u_{1}=2m_{2}v_{2}+\left(m_{1}-m_{2}\right)v_{1}-m_{2}u_{1}

Nun addieren wir noch auf beiden Seiten m_{2}u_{1} und klammern u_{1} aus:

u_{1}\left(m_{1}+m_{2}\right)=2m_{2}v_{2}+\left(m_{1}-m_{2}\right)v_{1}

Als letztes dividieren wir noch durch \left(m_{1}+m_{2}\right) und erhalten schließlich

u_{1}=\dfrac {2m_{2}v_{2}+\left(m_{1}-m_{2}\right)v_{1}}{m_{1}+m_{2}}

Entsprechend erhält man für u2:

u_{2}=\dfrac {2m_{1}v_{1}+\left(m_{2}-m_{1}\right)v_{2}}{m_{1}+m_{2}}

Beim elastischen Stoß betragen die Geschwindigkeiten u_{1} und u_{2} nach dem Stoß

u_{1}=\dfrac {2m_{2}v_{2}+\left(m_{1}-m_{2}\right)v_{1}}{m_{1}+m_{2}}

und

u_{2}=\dfrac {2m_{1}v_{1}+\left(m_{2}-m_{1}\right)v_{2}}{m_{1}+m_{2}}

Die Gleichungen vereinfachen sich, wenn eine Geschwindigkeit vor dem Stoß Null ist (also wenn ein Stoßpartner vor dem Stoß in Ruhe ist):

Ist v2 = 0, so gilt:       u_{1}=\dfrac {\left(m_{1}-m_{2}\right)v_{1}}{m_{1}+m_{2}}       sowie       u_{2}=\dfrac {2m_{1}v_{1}}{m_{1}+m_{2}}

Daraus ergibt sich:

Ist m1 > m2, so ist u1 immer positiv.        → Wagen 1 behält seine Bewegungsrichtung bei!

Ist m1 < m2, so ist u1 immer negativ.        → Bewegungsrichtung von Wagen 1 kehrt sich um!

Das Kugelspiel

Ein bekanntes Beispiel für elastische Stöße ist das Kugelspiel, welches auch als Newton Pendel bezeichnet wird:

Kugelspiel - Newtonpendel

Lenkt man eine oder mehrere Kugeln aus und lässt diese los, so springen auf der anderen Seite stets genauso viele Kugeln weg. Durch die Elastizität der Kugeln werden kinetische Energie und Impuls der stoßenden Kugel(n) weitergegeben.

Doch warum werden immer genauso viele Kugeln auf der gegenüberliegenden Seite weggestoßen wie man Kugeln loslässt? Wäre es nicht auch möglich, dass Energie und Impuls einer stoßenden Kugel an zwei Kugeln auf der anderen Seite weitergegeben wird oder umgekehrt?

Dass dies nicht möglich ist, lässt sich mit der Erhaltung von kinetischer Energie und Impuls zeigen:

Alle Kugeln haben die gleiche Masse m. Die stoßende Kugel hat die Geschwindigkeit v, die anderen Kugeln sind in Ruhe, haben also die Geschwindigkeit 0.

Nimmt man an, dass durch eine stoßende Kugel auf der einen Seite zwei Kugeln auf der anderen Seite mit den Geschwindigkeiten u1 und u2 weggestoßen werden, so müsste gelten:

Impulserhaltung

mv=mu_{1}+mu_{2}

v^{2}=\left(u_{1}+u_{2}\right)^{2}

v^{2}=u_{1}^{2}+2u_{1}u_{2}+u_{2}^{2}

Energieerhaltung

\frac {1}{2}mv^{2}=\frac {1}{2}mu_{1}^{2}+\frac {1}{2}mu_{2}^{2}

v^{2}=u_{1}^{2}+u_{2}^{2}

Beide Gleichungen können nur erfüllt sein, wenn 2u_{1}u_{2}=0  ist. Das bedeutet, eine der beiden Kugeln muss die Geschwindigkeit 0 haben, also in Ruhe bleiben. Es können also nicht zwei Kugeln weggestoßen werden.

Übungsaufgaben:

Cornelsen Oberstufe Physik Band 2 (1. Auflage 1998)

S. 48  A6, A8, A11

S. 61  A12

Metzler Physik SII (3. Auflage 1998)

S. 45  1. / 2. / 4.