Ausbreitung und Eigenschaften mechanischer Wellen

Die Eigenschaften von Wellen lassen sich am besten am Beispiel von Wasserwellen untersuchen.

Wasserwellen

Wasserwellen sind sogenannte Oberflächenwellen (Kreiswellen):

Die Wasserteilchen führen eine kreisförmige (bzw. in tieferen Schichten ellipsenförmige) Bewegung aus, wobei für das wellenförmige Erscheinungsbild die Bewegungskomponente senkrecht zur Ausbreitungsrichtung entscheidend ist.

Als rücktreibende Kräfte wirken Kohäsionskräfte (Oberflächenspannung) und die Schwerkraft.

Bei kurzen Wellen (λ ≤ 1 cm) wirkt fast ausschließlich die Oberflächenspannung als rücktreibende Kraft (man spricht von Kapillarwellen), bei längeren Wellen (λ einige cm und größer) fast nur die Schwerkraft (→Schwerewellen).

Je nach Wassertiefe unterscheidet man zwischen Tiefwasserwellen und Flachwasserwellen.

Tiefwasserwellen

Tiefwasserwellen reichen nicht bis zum Meeresboden (das Wasser ist tiefer als λ/2).

Ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit c hängt nur von der Wellenlänge ab.

Es gilt:

c=k\cdot \sqrt {\lambda}     mit k=1,25\dfrac {\sqrt {m}}{s}

(die Herleitung ist mathematisch recht kompliziert)

Wasserwelle

Laufen Wellen auf den Strand zu, werden sie abgebremst, türmen sich auf und brechen.

Beispiel:

Eine Welle mit der Wellenlänge \lambda=60m breitet sich auf dem offenen Meer mit der Geschwindigkeit

c=1,25\dfrac {\sqrt{m}}{s}\cdot \sqrt {60m}=9,7\dfrac {m}{s}=35\dfrac {km}{h}  aus.

Flachwasserwellen

Bei Flachwasserwellen reicht die Wasserbewegung bis zum Grund. Ihre Geschwindigkeit hängt nicht von der Wellenlänge, sondern nur von der Wassertiefe D ab.

Es gilt:     c=k'\cdot \sqrt {D}     mit     k'=3,13\dfrac {\sqrt {m}}{s}

Brandungswellen sind typische Flachwasserwellen. Sie entstehen, wenn die unteren Wasserteilchen am Boden gebremst werden und die oberen sich noch ungebremst im Kreis bewegen.

Durch die langsamere Geschwindigkeit in flacherem Wasser nimmt auch die Wellenlänge ab. Dabei bewegen sich die Wasserteilchen weiter nach oben, so dass Brandungswellen sich am Ufer auftürmen, bevor sie brechen.

Auch bei Tsunamis reicht die Wasserbewegung bis zum Grund. Tsunamis verhalten sich also auch wie Flachwasserwellen, d.h. ihre Geschwindigkeit ist nur von der Meerestiefe abhängig. Bei einer Ozeantiefe von 4000m ergibt sich damit eine Geschwindigkeit von ca. 720km/h. Die Wellenlängen betragen mehrere hundert Kilometer.

Dadurch, dass die Wasserbewegung auch in großen Tiefen bis zum Grund reicht, steckt eine ungeheure Energie in Tsunamis, weshalb sie ganze Küstenabschnitte zerstören können.

Wasserwellenwanne

Mit Hilfe einer Wellenwanne lassen sich schnell und einfach Phänomene an ebenen Wellen untersuchen.

Die Wassertiefe in einer Wellenwanne liegt bei 0,5 – 1,5cm. Die Erregung erfolgt durch einen oder mehrere punktförmige Erreger (Kreiswellen) oder einen länglichen Erreger (parallele Wellen) mit Hilfe von Luftdruckschwankungen.

Die Wellenlänge der Wellen in der Wasserwellenwanne liegt genau zwischen der von Kapillarwellen und Schwerewellen. Man spricht daher von Kapillar-Schwerewellen.

Durch die Erreger werden mit einer festen (einstellbaren) Frequenz Wellen erzeugt, so dass diese sich in festen zeitlichen Abständen zueinander vom Erreger ausbreiten.

Um Reflexionen an den Rändern der Wellenwanne zu verhindern, steigt diese zum Rand hin sanft an.

Die Wellenwanne wird von oben beleuchtet, unter der Wanne befindet sich ein schräg gestellter Spiegel, so dass das Wellenbild auf einem Schirm beobachtet werden kann.

Bei der Beleuchtung wirken die Wellenberge wie Sammellinsen, die das Licht bündeln – so erscheinen Wellenberge als helle Stellen auf dem Schirm.

Wellentäler wirken wie Zerstreuungslinsen, das durchgehende Licht wird aufgefächert. dadurch erscheinen die Wellentäler als dunkle Stellen auf dem Schirm.

Zeichnerische Darstellung von dreidimensionalen Wellen

Zur Darstellung von Wellen nutzt man Wellenfronten und Wellennormale:

Wellenfronten und Wellennormale

Als Wellenfronten (schwarze Linien) bezeichnet man die Stellen maximaler Auslenkung (Wellenberge). Ihr Abstand ist gleich der Wellenlänge λ.

Die Wellennormale (rot) steht immer senkrecht auf den Wellenfronten und stimmt mit der Ausbreitungsrichtung überein.

Die Ausbreitungsrichtung einer Welle ist in jedem Punkt senkrecht zur Wellenfront.

Mit Hilfe einer Wellenwanne können recht einfach typische Wellenphänomene beobachtet werden, die auf der folgenden Seite beschrieben werden.