Herleitung der Bewegungsgleichung für harmonische Schwingungen

Um eine Funktion für die Auslenkung in Abhängigkeit von der Zeit zu finden, wird folgende Überlegung angestellt:

Die Projektion einer gleichförmigen Kreisbewegung entspricht der Bewegung eines harmonischen Oszillators.

Der Radius r entspricht dabei der Amplitude ymax, die Umlaufdauer entspricht der Schwingungsdauer T:

Kreisbewegung_Harmonische Schwingung

 

Für die Elongation y gilt jeweils:

y=y_{max}\cdot sin\varphi

Der Winkel \varphi, den man auch als Phasenwinkel oder Phase bezeichnet, lässt sich mit Hilfe der Umlaufzeit ausdrücken, denn es gilt:

\dfrac {T}{t}=\dfrac {2\pi}{\varphi}   und damit   \varphi=\dfrac {2\pi}{T}\cdot t

Dabei ist zu beachten, dass der Winkel \varphi im Bogenmaß angegeben wird.

Für einen gesamten Umlauf bzw. einen kompletten Schwingungsvorgang (also für die Periodendauer T) gilt:  \varphi=2\pi.

Der Quotient \dfrac {2\pi}{T} wird als Kreisfrequenz bzw. Winkelgeschwindigkeit \omega bezeichnet:

\omega=\dfrac {2\pi}{T}

Damit kann man für den Phasenwinkel \varphi auch schreiben:

\varphi=\omega t

Für den zeitlichen Verlauf der Auslenkung y gilt also:

y(t)=y_{max}\cdot sin\, \omega t

Für eine gleichförmige Kreisbewegung ist die Kreisfrequenz \omega konstant.

Es gilt also  \dfrac {\varphi}{t}=\omega=konst.

Wir haben damit also für eine harmonische Schwingung eine Funktion der der Auslenkung y in Abhängigkeit von der Zeit t gefunden. Sie lautet:

y(t)=y_{max}\cdot sin\, \omega t        bzw.        y(t)=y_{max}\cdot sin(\omega t)

(Die Klammer ist nicht notwendig, soll aber hier verdeutlichen, dass der Sinus von \varphi = \omega t gemeint ist und nicht (sin\, \omega)\cdot t.)

Diese Funktion wird als Gleichung für harmonische Schwingungen bezeichnet. Sie lässt sich auch mit Hilfe der Schwingungsdauer T oder der Frequenz f ausdrücken.

Dazu ersetzt man die Kreisfrequenz wieder durch     \omega=\dfrac {2\pi}{T}     bzw.     \omega=2\pi f

Gleichung für eine harmonische Schwingung

Als Gleichung für eine harmonische Schwingung bezeichnet man die Funktion der Auslenkung y in Abhängigkeit von der Zeit t. Diese lässt sich auf verschiedene Arten aufschreiben:

y(t)=y_{max}\cdot sin\, \omega t

y(t)=y_{max}\cdot sin\left( \dfrac {2\pi}{T}\cdot t\right)

y(t)=y_{max}\cdot sin\, 2\pi ft

Alle schwingenden Systeme werden als Oszillatoren bezeichnet. Oszillatoren, deren Weg-Zeit-Funktion einer Sinusfunktion entspricht, heißen harmonische Oszillatoren.

Anwendungsbeispiel

Was kann man nun mit der Schwingungsgleichung anfangen?

Mit der Schwingungsgleichung können wir bei bekannter Schwingungsdauer oder Frequenz sowie für eine bekannte Amplitude die Auslenkung eines harmonischen Oszillators zu jedem Zeitpunkt t berechnen.

Je nachdem, welche der Größen ω, T oder f bekannt ist, wählen wir eine der drei o.g. Varianten der Schwingungsgleichung aus.

Beispielaufgabe:

Ein harmonischer Oszillatior schwingt mit einer Schwingungsdauer von 1,2 Sekunden. Die maximale Auslenkung beträgt 12cm.

Zum Zeitpunkt t = 0s befindet sich der Oszillatior in der Ruhelage auf dem Weg nach oben in positive y-Richtung.

Frage: Wo befindet sich der Oszillator zu folgenden Zeitpunkten

a) t = 0,6 s

b) t = 1 s

c) t = 1,5 s?

Lösung:

Gegeben sind folgende Werte:

T = 1,2 s

ymax = 12 cm

Wir setzen in die Schwingungsgleichung für harmonische Schwingungen

y(t)=y_{max}\cdot sin\left(\dfrac {2\pi}{T}\cdot t\right)

die gegebenen Werte ein und berechnen so die jeweilige Auslenkung

(Achtung: Taschenrechner auf RAD einstellen!):

a) Für t = 0,6 s ergibt sich

y(t)=12\, cm\cdot sin\left(\dfrac {2\pi}{1,2\,s}\cdot 0,6\,s\right)=0

Der Sinusterm sin\left(\dfrac {2\pi}{1,2\,s}\cdot 0,6\,s\right) ergibt 0, also erhält man auch für die Auslenkung den Wert y = 0.

Der Oszillatior befindet sich also in der Ruhelage. Das ist auch logisch, denn die Zeit t = 0,6 s entspricht genau der halben Schwingungsdauer.

b) Für t = 1 s ergibt sich

y(t)=12\, cm\cdot sin\left(\dfrac {2\pi}{1,2\,s}\cdot 1s\right)=-10,39\,cm

Der Sinusterm sin\left(\dfrac {2\pi}{1,2\,s}\cdot 1\,s\right) ergibt nun den Wert -0,866. Multipliziert mit der Amplitude von 12 cm erhält man für die Auslenkung der Wert y = -10,39 cm.

Der Oszillatior befindet sich also bei y = -10,39 cm, also 10,39 cm unterhalb der Ruhelage, da in der Aufgabenstellung “oben” als positive y-Richtung vorgegeben war.

c) Für t = 1,5 s ergibt sich

y(t)=12\, cm\cdot sin\left(\dfrac {2\pi}{1,2\, s}\cdot 1,5\, s\right)=12\, cm

Der Sinusterm sin\left(\dfrac {2\pi}{1,2\, s}\cdot 1,5\, s\right) ergibt den Wert 1.

Die Auslenkung entspricht also der Amplitude: y = ymax.

Der Oszillatior befindet sich bei der maximalen Auslenkung 12cm oberhalb der Ruhelage, also im oberen Umkehrpunkt.

Hinweis:

Die Auslenkung kann Werte zwischen ymax und -ymax annehmen. Der Sinusterm, mit dem die Amplitude multipliziert wird, schwankt zwischen 1 und -1.

Wichtig:

Bei allen Berechnungen muss der Taschenrechner auf RAD eingestellt sein, da der Phasenwinkel Bogenmaß angegeben wird!