Erfolgt der Abwurf nicht senkrecht oder waagerecht sondern unter einem bestimmten Abwurfwinkel α, so wird dies schiefer Wurf oder schrägerWurf bezeichnet.
Die Abwurfgeschwindigkeit bei einem schiefen Wurf lässt sich in eine horizontale Komponente und eine vertikale Komponente zerlegen.
Man kann sagen:
Beim schiefen Wurf überlagern sich die gleichförmige Bewegung in Abwurfrichtung und der freie Fall.
Die Geschwindkeitskomponente in x-Richtung bleibt konstant, in y-Richtung wirkt die Gewichtskraft und der geworfene Körper wird mit der Fallbeschleunigung g nach unten beschleunigt. Dadurch wird die Komponente immer kleiner, bis sie am höchsten Punkt 0 ist, sich umkehrt und beim Landepunkt (bei h = 0) den gleichen Betrag hat wie zum Zeitpunkt des Abwurfes.
Die Anfangsgeschwindigkeit lässt sich in die beiden Komponenten und zerlegen. Anders herum ausgedrückt ergibt sich die Anfangsgeschwindigkeit aus der vektoriellen Summe der beiden Geschwindigkeitskomponenten zu Beginn.
Da die Komponente mit der Zeit kleiner wird, bevor sie sich umkehrt, ist die resultierende Geschwindigkeit zu allen anderen Zeitpunkten kleiner als zu Beginn. Im höchsten Punkt ist .
Die Geschwindigkeitskomponenten und ergeben sich aus der Anfangsgeschwindigkeit und dem Abwurfwinkel :
Für die Geschwindigkeiten gilt:
Damit gilt für die Wege:
Herleitungen zum schiefen Wurf
In Abhängigkeit von der Abwurfgeschwindigkeit und dem Abwurfwinkel lassen sich folgende Größen berechnen:
Die Steigzeit sowie die Wurfdauer
Die Wurfhöhe
Die Wurfweite
Die Steigzeit (= Fallzeit)
Die Steigzeit beim schiefen Wurf hängt nur von der vertikalen Geschwindigkeitkomponente ab.
Beim schiefen Wurf müssen wir als Geschwindigkeit die vertikale Komponente einsetzen. Damit erhalten wir:
Löst man die Klammer auf, erhält man:
Die Wurfweite
Die Wurfweite entspricht der Strecke , die innerhalb der Wurfdauer zurückgelegt wird.
Es gilt also:
Dabei ist
und
Eingesetzt in die obere Gleichung erhält man für die Wurfweite
Nach einer Beziehung aus der Trigonometrie gilt:
Damit lässt sich die Formel für die Wurfweite schreiben als
Aus der Formel lässt sich erkennen: Die Wurfweite beim schiefen Wurf wächst quadratisch mit der Abwurfgeschwindigkeit.
Das bedeutet: Die doppelte Abwurfgeschwindigkeit führt zur vierfachen Wurfweite.
Formeln zum schiefen Wurf
Wurfdauer
Wurfhöhe
Wurfweite
Welcher Abwurfwinkel führt zur größten Wurfweite?
Die Wurfweite beim schiefen Wurf ist nicht nur von der Abwurfgeschwindigkeit abhängig sondern auch vom Abwurfwinkel. Wirft man zu steil, so fliegt der geworfene Körper zwar sehr hoch aber nicht sehr weit. Auch ein zu flacher Winkel führt nicht zur optimalen Wurfweite.
Die naheliegendste Annahme ist, dass ein mittlerer Abwurfwinkel von 45° zur größten Wurfweite führt. Dass dies tatsächlich zutrifft, lässt sich einfach begründen:
Schauen wir uns dazu noch einmal die Formel zur Berechnung der Wurfweite an:
Es gilt:
Der Sinus des doppelten Abwurfwinkels steht im Zähler des Bruchs. Der Bruch und damit die Wurfweite ist dann am größten, wenn der Sinus den maximalen Wert annimmt.
Der Sinus eines Winkels kann maximal den Wert “1” annehmen. Das ist beim Winkel von der Fall. Da in der Formel aber nicht , sondern steht, muss gelten:
und damit
Damit haben wir die Vermutung bestätigt:
Die größte Wurfweite wird bei einem Abwurfwinkel von erreicht.
Nun könnte man sich die Frage stellen, wie sich eine Abweichung nach oben oder nach unten auf die Wurfweite auswirkt. Ist es besser zu steil oder zu flach zu werfen?
Dazu berechnen wir die Wurfweite für verschiedene Winkel:
Nehmen wir an, die Abwurfgeschwindigkeit betrage .
Die Berechnung der Wurfweite ergibt für die Abwurfwinkel
Ergebnis:
Die gleiche Abweichung nach oben oder nach unten (hier um je 15°) vom optimalen Abwurfwinkel führt in beiden Fällen zur identischen Wurfweite.
Einfluss der Luftreibung
Alle Aussagen und Formeln für den schiefen Wurf gelten wie die für andere Würfe streng genommen nur ohne Luftwiderstand. In vielen Fällen kann der Luftwiderstand vernachlässigt werden, solange die Abwurfgeschwindigkeit nicht zu groß ist.
Der Luftwiderstand führt in der Regel dazu, dass die erreichte Wurfweite sowie die Wurfhöhe kleiner ist als der errechnete Wert. Die Wurfparabel ist dann nicht mehr symmetrisch, sondern der zweite Abschnitt ist gestaucht (die Geschwindigkeit wird kleiner). Eine solche Flugkurve, die von der idealen Wurfparabel abweicht, nennt man ballistische Kurve:
Weitere informationen zum Einfluss des Luftwiderstandes auf die Flugbahn eines Balles findest Du bei weltderphysik.
Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die tatsächlich erreichte Wurfweite über dem errechneten Wert liegt – nämlich dann, wenn der geworfene Körper eine Auftriebskraft erfährt, wodurch die Fallbewegung gebremst wird.
Dies ist z.B. beim Diskuswurf oder auch beim Speerwurf der Fall. Auch gilt für derartige Körper, dass der Abwurfwinkel von 45° nicht unbedingt zur größten Wurfweite führt. Beim Speerwerfen beträgt der optimale Abwurfwinkel je nach Windsituation etwa 33°.
Der Magnus-Effekt
Einen anderen Einfluss hat die Luftreibung, wenn der geworfene Körper rotiert. Durch die Rotation eines Balles erfährt dieser durch die Luftströmung eine Kraft, die ihn u.U. deutlich von der normalen Flugkurve ablenkt. Dieser Effekt heißt Magnus-Effekt (benannt nach Heinrich Gustav Magnus).
Für den Magnus-Effekt gibt es viele Beispiele aus dem Alltag, vor allem aus dem Sport: Beim Topspin oder Backspin im Tennis oder Tischtennis wird der Ball in Rotation versetzt (“anschneiden”), was die Flugkurve des Balles deutlich verändert. Ein weiteres Beispiel ist die sog. “Bananenflanke” im Fußball.
Unter dem Stichwort “Magnus Effect” gibt eine Vielzahl an Videos bei YouTube, wie das folgende:
Einfluss der Abwurfhöhe
In den meisten Fällen erfolgt der Abwurf nicht aus der gleichen Höhe, auf der der geworfene Körper landet. Beim Kugelstoßen beispielsweise liegt die Abwurfhöhe etwas oberhalb der Körpergröße des Kugelstoßers. Das führt dazu, dass der zweite Teil der Wurfparabel (nach Erreichen der maximalen Wurfhöhe ) größer ist als der erste:
Schiefer Wurf aus erhöhter Abwurfposition
Natürlich führt eine erhöhte Abwurfposition zu einer größeren Wurfweite, da der Körper länger in der Luft ist und sich so länger mit der konstanten Geschwindigkeit in x-Richtung bewegt.
Auch der optimale Abwurfwinkel ändert sich – schließlich “fällt” der Körper im zweiten Teil der Wurfparabel weiter hinunter, wodurch die Flugkurve immer steiler wird.
Daher gilt:
Je größer die Abwurfhöhe, umso kleiner ist der Winkel, der zur maximalen Wurfweite führt.
Bei allen Wurfdisziplinen in der Leichtathletik liegt der Abwurfpunkt oberhalb der Landestelle, in etwa in Höhe der Körpergröße. Daher ist der optimale Abwurfwinkel immer etwas kleiner als 45°. Je kleiner die Wurfweite ist, umso größer ist dieser Einfluss.
Info:
Bei den Wurfdisziplinen muss außerdem berücksichtigt werden, dass nicht für alle Abwurfwinkel die gleiche Abwurfgeschwindigkeit erreicht werden kann. Ist der Athlet nicht in der Lage, beim theoretisch optimalen Abwurfwinkel die gleiche Abwurfgeschwindigkeit zu erreichen wie bei einem eigentlich zu kleinen Abwurfwinkel, so kann u.U. ein kleinerer Winkel zur größeren Wurfweite führen.
Berechnung der Wurfweite beim schiefen Wurf aus erhöhter Abwurfposition
Die Herleitung der Formel für die Wurfweite ist in diesem Fall etwas komplizierter.
Es gibt verschiedene Ansätze, mit denen man zum Ziel kommt:
Ansatz 1:
Man kann sich den schiefen Wurf aus erhöhter Abwurfposition aus zwei waagerechten Würfen zusammengesetzt denken – einen einen aus der Höhe H, den anderen aus der Höhe (H+h) (s. Skizze). Der waagerechte Wurf aus der Höhe H entspricht dabei der Hälfte des schiefen Wurfes bis zur Position y = h.
Dazu berechnet man die Wurfweite für beide Teile und addiert diese anschließend.
Durch Eliminieren der Höhe H mit (s.o.) erhält man schließlich für die Wurfweite W:
Ansatz 2:
Die gleiche Formel für die Wurfweite ergibt sich, wenn man festlegt, dass die y-Position bei der Landestelle Null ist.
Grundsätzlich gibt es beim schiefen Wurf für jede y-Position zwei x-Werte bei erhöhter Abwurfposition bis zur Position y = h.
Da dieser mathematische Ansatz eine quadratische Gleichung beinhaltet, erhält man so zwei Lösungen, von denen eine negativ ist:
Nun könnte man sagen, dass die negative Lösung physikalisch keinen Sinn macht, da die Wurfweite ja nicht negativ sein kann. Das ist allerdings nicht ganz richtig – auch diese Lösung hat eine physikalische Bedeutung:
Die negative Wurfweite ist vom Betrag kleiner und entspricht der Strecke in der Skizze. Sie ist negativ, da sie vor dem tatsächlichen Abwurfort liegt.
Man kann diese negative Wurfweite also interpretieren als die Strecke, die der Abwurf bei y = 0 vor der tatsächlichen Abwurfposition hätte erfolgen müssen, um die gleiche Wurfbahn zu erreichen.
Übungsaufgaben:
Cornelsen Oberstufe Physik Band 1 (1. Auflage 1998)