Was ist Röntgenstrahlung?

Die Röntgenstrahlung wurde im Jahre 1885 vom deutschen Physiker Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt, der sie zunächst X-Strahlen nannte. Im englischsprachigen Raum werden sie auch heute noch als X-Ray bezeichnet. Durch ihre Eigenschaft, den menschlichen Körper zu durchdringen, wurde ein medizinischer Traum wahr, nämlich den Menschen durchleuchten zu können. Die Medizin wurde durch dieses neue diagnostische Mittel revolutioniert.

Einordnung im elektromagnetischen Spektrum – Wellenlänge von Röntgenstrahlung

Bei Röntgenstrahlung handelt es sich um elektromagnetische Wellen mit einer Wellenlänge zwischen ca. 1 pm und 10 nm. Das entspricht einer Photonenenergie zwischen 100 eV und einigen MeV (Megaelektronenvolt).

(Die Energie der Photonen lässt sich mit E = hf berechnen!)

Röntgenstrahlen liegen im elektromagnetischen Spektrum zwischen dem ultravioletten Licht und der Gammstrahlung, mit der sie sich teilweise überschneiden.

Eigenschaften von Röntgenstrahlung

Dass Röntgenstrahlen im Gegensatz zu sichtbarem Licht für den menschlichen Körper gefährlich sein können, lässt sich mit der Photonenhypothese begründen:

Die einzelnen Photonen haben eine wesentlich höhere Energie als die von sichtbarem Licht. Dadurch können sie Körperzellen schädigen, was Photonen sichtbaren Lichts nicht können.

Röntgenstrahlen…

  • durchdringen Körper mit geringer Elektronendichte und dünne Metallschichten
  • werden von Körpers mit großer Elektronendichte abgeschwächt oder absorbiert
  • können Materie ionisieren und Fotoplatten schwärzen
  • werden weder in elektrischen noch in magnetischen Feldern abgelenkt

Entstehung von Röntgenstrahlung

Grundlage:

Bewegte Ladungsträger, wie Elektronen, erzeugen ein Magnetfeld. Werden Ladungsträger beschleunigt bzw. abgebremst, so entsteht ein veränderliches Magnetfeld, und es entstehen bei genügend hoher Energie elektromagnetische Wellen, die sich im Raum ausbreiten.

Je größer die Beschleunigung ist, desto größer ist die Energieänderung und damit die Frequenz der Strahlung.

Lässt man Elektronen mit großer kinetischer Energie (mehrere keV) auf eine Metalloberfläche (Anode) treffen, so werden diese abrupt abgebremst. Dabei entsteht eine kurzwellige elektromagnetische Strahlung, die Röntgenstrahlung.

Da Röntgenstrahlung durch das Abbremsen von Elektronen entsteht, spricht man auch von Bremsstrahlung.

Wenn Elektronen mit hoher Geschwindigkeit auf eine Metallanode treffen und abgebremst werden, entsteht Röntgenstrahlung.

Aufbau einer Röntgenröhre

Röntgenröhre

Die von einer Glühkathode emittierten Elektronen werden im elektrischen Feld zwischen Kathode und Anode durch die Beschleunigungsspannung UB beschleunigt und beim Auftreffen auf die Anode stark abgebremst. Dabei entsteht Röntgenstrahlung (Bremsstrahlung).

Röntgenstrahlung kann ähnlich wie radioaktive Strahlung mit einem Zählrohr nachgewiesen werden. Am “Knacken” des Zählrohrs kann man erkennen:

Röntgenstrahlen geben ihre Energie wie (sichtbares) Licht in Quanten ab.

Andererseits zeigt Röntgenstrahlung an regelmäßigen Kristallstrukturen Interferenzerscheinungen (→ s. Bragg-Reflexion). Wie sichtbares Licht hat Röntgenstrahlung sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften.

Spektrum von Röntgenstrahlung

Wenn man die auf die oben beschriebene Weise entstehende Röntgenstrahlung untersucht, stellt man fest, dass die Strahlung nicht monochromatisch ist, sondern aus vielen verschiedenen Wellenlängen besteht

Trägt man die Intensität der entstehenden Röntgenstrahlung in Abhängigkeit von der Wellenlänge auf, so ergibt sich folgendes Diagramm:

Röntgenspektrum

Es entsteht also ein kontinuierliches Spektrum, welches ab einer bestimmten Wellenlänge beginnt. Unterhalb dieser Grenzwellenlänge wird keine Strahlung ausgesendet.

Die Grenzwellenlänge ist umso kleiner, je größer die Anodenspannung ist (also je größer die kinetische Energie der Elektronen ist). Sie hängt nicht vom Anodenmaterial ab.

Folgendes Diagramm zeigt die Spektren für verschiedene Anodenmaterialien bei der gleichen Beschleunigungsspannung:

Röntgenspektren verschiedene Anodenmaterialien

Röntgenspektren für verschiedene Anodenmaterialien

Die Grenzwellenlänge hängt nicht vom Anodenmaterial ab.

Die Grenzwellenlänge hängt nur von der Beschleunigungsspannung ab:

Röntgenspekten verschiedene Beschlenigungsspannungen

Röntgenspektren für das Anodenmaterial Wolfram bei verschiedenen Beschleunigungsspannungen

Auch diese Zusammenhänge lassen sich mit der Wellentheorie kaum plausibel erklären und stützen die Quantenhypothese.

Die Elektronen erhalten ihre Energie aus dem elektrischen Feld. Die kinetische Energie der Elektronen entspricht damit der Energie des elektrischen Feldes:

E_{kin}=E_{el}=eU.

Jedes abgebremste Elektron erzeugt genau ein Röntgenphoton. Die Elektronen geben dabei unterschiedlich große Anteile ihrer kinetischen Energie ab.

Das entstehende Röntgenphoton kann also höchstens die gleiche Energie besitzen, die ein Elektron vor dem Abbremsen hatte.

Daher gilt:        hf\leq eU

Damit ergibt sich für die Grenzwellenlänge

\lambda_{Grenz}=\dfrac {hc}{eU}

Diese Überlegung wird durch die Messergebnisse bestätigt.

Neben der kontinuierlichen Bremsstrahlung entsteht noch eine weitere vom Anodenmaterial abhängige charakteristische Strahlung.

Diese lässt sich allerdings erst mit dem inneren Aufbau von Atomen des Anodenmaterials verstehen. Mehr dazu findest Du im Kapitel über Atomphysik.

Zusammenfassung:

In der Röntgenröhre entstehen Röntgen-Quanten der Energie E = hf.

Bei der Beschleunigungsspannung U findet man ein kontinuierliches Röntgenspektrum mit der Grenzfrequenz

f_{max}=\dfrac {c}{\lambda_{Grenz}}.

Es gilt die Beziehung

eU=hf_{max}     und damit     f_{max}=\dfrac {eU}{h}

Für die Grenzwellenlänge gilt damit:

\lambda_{Grenz}=\dfrac {hc}{eU}

Die Photonenhypothese erklärt somit die o.g. Beobachtungen.

Die Beschleunigungsspannung bestimmt also die maximale Frequenz der Röntgenphotonen. Je höher die Frequenz der Röntgenstrahlung ist, umso besser durchdringt diese Materie.

Mit der Beschleunigungsspannung lässt sich also je nach zu untersuchender Struktur (Knochen oder Gewebe) das Durchdringungsvermögen der Röntgenstrahlung einstellen.

Die Helligkeit des Röntgenbildes lässt sich über die Heizspannung einstellen. Diese bestimmt, wie viele Elektronen ausgesendet werden und damit, wie viele Röntgenphotonen (je größer die Anzahl der Photonen, umso größer ist die Intensität) entstehen.

Je größer die Intensität der Röntgenstrahlung ist, umso kürzer kann die Belichtungszeit gehalten werden.

Übungsaufgaben:

Cornelsen Oberstufe Physik Band 2 (1. Auflage 1998)

S. 312  A5, A6, A8

Metzler Physik SII (3. Auflage 1998)

S. 379  1. / 2.

Interferenz von Röntgenstrahlung

Da es sich bei Röntgenstrahlung um elektromagnetische Wellen handelt, müssten auch typische Wellenphänomene wie Beugung und Interferenz nachweisbar sein.

Da die Wellenlänge von Röntgenstrahlung jedoch um ein Vielfaches kleiner ist als die von sichtbarem Licht, benötigt man entsprechend feine Strukturen.

Wir erinnern uns:

Der Abstand der Maxima beim Doppelspaltversuch oder beim optischen Gitter hängt von der Gitterkonstanten und von der Wellenlänge ab:

Je kleiner der Spaltabstand und je größer die Wellenlänge, umso größer der Abstand der Maxima.

Im Jahre 1912 gelang es Max von Laue erstmals nachzuweisen, dass Röntgenstrahlung an Kristallen gebeugt wird.

Durch die Reflexion von Röntgenstrahlung an Kristallen treten Interferenzerscheinungen auf.