Reibung und Reibungskraft

Im Rahmen des Trägheitsgesetzes haben wir bereits angesprochen, dass Körper auf der Erde bei praktisch jeder Bewegung abgebremst werden – und zwar durch Reibung bzw. Reibungskräfte.

Doch was genau versteht man unter Reibung oder Reibungskraft?

Gleitreibung, Haftreibung und Rollreibung

Es gibt verschiedene Arten von Reibung, die in folgendem Beispiel erklärt werden sollen:

Wenn Du einen schweren Gegenstand, z.B. einen Schrank, verschieben möchtest, musst Du dafür eine Kraft aufwenden. Wenn Du es schaffst, den Schrank in Bewegung zu setzen, so gleitet er über den Boden. Bewegt sich der Schrank dabei gleichförmig, so benötigst Du eine Schubkraft, die genauso groß ist wie die Reibungskraft, die den Schrank abbremst (diese wirkt der Schubkraft entgegen). Der Schrank ist dann im Kräftegleichgewicht.

Reibungskraft Schrank schieben

Die Reibungskraft, die den Schrank beim Gleiten über den Boden abbremst, bezeichnet man als Gleitreibungskraft FGleit.

Beim Anschieben wirst Du feststellen, dass Du zunächst eine etwas größere Kraft benötigst, bis der Schrank sich bewegt. Der Schrank scheint ein wenig auf dem Boden zu haften.

Diese größere Kraft, die Du zu Beginn überwinden musst, ist die sog. Haftreibungskraft FHaft.

Möchtest Du den Schrank oder einen anderen schweren Gegenstand über eine längere Distanz verschieben, so wirst Du ihn vielleicht auf ein Rollbrett oder ein Skateboard hieven. Die beim Rollen notwendige Schubkraft ist dann deutlich kleiner, als wenn der Gegenstand über den Boden gleitet.

Man nennt die dabei zu überwindende Kraft Rollreibungskraft.

Messen der Reibungskräfte

In einem Versuch wollen wir die Reibungskräfte messen und ermitteln, von welchen Faktoren die jeweiligen Reibungskräfte abhängen. Dabei beschränken wir uns zunächst auf die Haftreibung und die Gleitreibung.

Versuch:

Wir legen einen Holzklotz, der auf der Unterseite mit Gummi beschichtet ist, auf einen Tisch und befestigen an einem Ende mit Hilfe eines Hakens einen Kraftmesser (s. Abbildung unten).

Dann ziehen wir langsam immer stärker am Kraftmesser parallel zur Tischplatte und beobachten die Anzeige am Kraftmesser. Die Kraft, mit der wir ziehen, bezeichnen wir als Zugkraft.

Versuch zur Reibung

Beobachtung:

Je stärker man zieht, umso größer ist die angezeigte (Zug-) Kraft am Kraftmesser.

Zunächst bewegt sich der Klotz jedoch trotz größer werdender Zugkraft nicht – er haftet noch auf dem Tisch.

Plötzlich – bei einer bestimmten Zugkraft – setzt sich der Klotz in Bewegung. Zieht man nun gleichmäßig weiter in die gleiche Richtung, so gleitet der Körper gleichförmig über den Tisch.

Die dafür benötigte Zugkraft entspricht der Gleitreibungskraft. Diese ist kleiner als die Kraft, die wir benötigt haben, damit sich der Klotz in Bewegung setzt. Die dafür notwendige Kraft entspricht der Haftreibungskraft.

Beide Kräfte lassen sich auf diese Weise (durch Ablesen am Kraftmesser) bestimmen und notieren.

Reibungskräfte

Die Kraft, die man überwinden muss, um einen Körper auf einer Unterlage in Bewegung zu setzen, bezeichnet man als Haftreibungskraft FHaft.

Gleitet ein Körper über eine Oberfläche, so wirkt eine kleinere Kraft, die den Körper abbremst, die sog. Gleitreibungskraft FGleit.

Reibungskräfte sind der Zugkraft entgegengerichtet und gleich groß (Kräftegleichgewicht).

Wovon hängt die Reibungskraft ab?

Nun drehen wir den Körper um, so dass er anstatt mit der Gummiseite mit einer der Holzseiten auf dem Tisch liegt, und wiederholen den oben beschriebenen Versuch.

Ergebnis:

Wieder ist die Haftreibungskraft größer als die Gleitreibungskraft, doch beide Kräfte sind nun kleiner als im vorherigen Versuch. Die Materialien, die aufeinander reiben, scheinen also die Reibungskräfte zu beeinflussen.

Das wird Dir auch aus dem Alltag bekannt sein:

  • Gummireifen oder Schuhsohlen haften besser auf einer trockenen Straße als auf einer nassen oder vereisten Straße.
  • Ein Schlitten gleitet auf Schnee besser als auf Gras.

Außerdem wird Dir klar sein, dass es einen Unterschied macht, wie schwer der zu verschiedene Körper ist, wie groß also die Gewichtskraft des Körpers ist.

Wir wollen daher zusätzlich den Einfluss der Gewichtskraft des Körpers auf die Reibungskräfte ermitteln.

Dazu beschweren wir auf den Holzklotz mit zusätzlichen Gewichtsstücken und bestimmen jeweils die Masse bzw. die Gewichtskraft des Klotzes inkl. Gewichtsstücke. Dann wiederholen wir das Experiment und bestimmen die jeweilige Haftreibungs- und Gleitreibungskraft.

Ergebnis:

Je größer die Gewichtskraft des Körpers ist, umso größer sind auch die zu überwindenden Reibungskräfte.

Es zeigt sich ein proportionaler Zusammenhang zwischen der Gewichtskraft und den beiden Reibungskräften:

Es gilt:        F_{Haft}\sim F_{G}        und        F_{Gleit}\sim F_{G}

Die Normalkraft oder Anpresskraft

Die Gewichtskraft presst den Körper senkrecht auf die Unterlage. Man kann sie daher auch als Anpresskraft bezeichnen.

Das gilt, solange die Unterlage waagerecht ist. Ist sie schräg, so wird diese Anpresskraft geringer. Stellen wir die Unterlage senkrecht, so würde der Körper einfach herunterfallen und gar nicht mehr auf die Unterlage gepresst werden.

Entscheidend für die Reibung ist also letztendlich nicht die Gewichtskraft, sondern allgemein die Kraft, die den Körper senkrecht auf die Unterlage drückt, also die Anpresskraft. Diese Kraft bezeichnet man auch als Normalkraft FN.

Die Normalkraft wirkt stets senkrecht zur Oberfläche.

In den meisten Fällen, wenn es um Reibung geht, so auch in unseren Beispielen auf dieser Seite, ist die Normalkraft (und damit die Anpresskraft) gleich der Gewichtskraft.

Zum Messen der Reibungskräfte muss also jeweils die Zugkraft gemessen werden, die erforderlich ist, um den Körper in Bewegung zu setzen (dann ist die Zugkraft gleich der Haftreibungskraft) bzw. mit konstanter Geschwindigkeit zu ziehen (dann ist die Zugkraft gleich der Gleitreibungskraft):


Reibungskraft messen

Die Zugkraft ist genauso groß wie die Reibungskraft


Reibungszahlen

Wir können den o.g. Zusammenhang daher also allgemeingültig auch mit der Normalkraft ausdrücken:

F_{Haft}\sim F_{N}        und        F_{Gleit}\sim F_{N}

Damit gilt ebenfalls: Der Quotient aus Reibungskraft und Normalkraft ist konstant:

\dfrac {F_{Haft}}{F_{N}}=konst.        sowie       \dfrac {F_{Gleit}}{F_{N}}=konst.

Diese Quotienten nennt man Haftreibungszahl μHaft (sprich: “Mü-Haft”) bzw. Gleitreibungszahl μGleit (“Mü-Gleit”):

\mu_{Haft}=\dfrac {F_{Haft}}{F_{N}}

\mu_{Haft}=\dfrac {F_{Haft}}{F_{N}}

Diese Reibungszahlen sind materialspezifische Konstanten, das bedeutet, sie hängen vom Material der beiden Reibungspartner ab. Manchmal werden sie auch als Reibungskoeffizienten oder Reibwerte bezeichnet.

Haftreibungszahl und Gleitreibungszahl

Die Reibungskräfte hängen sowohl von der Anpresskraft als auch vom Material und von der Beschaffenheit der Oberflächen, die aufeinander reiben, ab.

Sowohl die maximale Haftreibungskraft als auch die Gleitreibungskraft ist proportional zur Anpresskraft.

Damit sind die Quotienten aus Reibungskraft und Anpresskraft konstant. Man nennt sie Haftreibungszahl μHaft und Gleitreibungszahl μGleit:

Haftreibungszahl     \mu_{Haft}=\dfrac {F_{Haft}}{F_{N}}

Gleitreibungszahl     \mu_{Haft}=\dfrac {F_{Haft}}{F_{N}}

Berechnung der Reibungszahlen

Mit Hilfe der im oben beschriebenen Versuch ermittelten Werte für die Reibungskräfte und die Gewichtskraft (die gleich der Normalkraft ist), lassen sich die Reibungszahlen für die Reibungspartner “Gummi-Tisch” sowie “Holz-Tisch” berechnen.

Beispiel:

Der Klotz hat eine Masse von m=250\, g, seine Gewichtskraft beträgt damit F_{G}=2,5\, N. Diese ist gleich der Normalkraft F_{N} (s.o.).

Die gemessenen Reibungskräfte betrugen

Gummi-Tisch:     F_{Haft}=2\, N        F_{Gleit}=1,5\, N

Holz-Tisch:     F_{Haft}=1,8\, N        F_{Gleit}=1,2\, N

Damit ergibt sich für die Reibungszahlen

Gummi-Tisch:

\mu_{Haft}=\dfrac {F_{Haft}}{F_{N}}=\dfrac {2\, N}{2,5\, N}=0,8          \mu_{Gleit}=\dfrac {F_{Gleit}}{F_{N}}=\dfrac {1,5\, N}{2,5\, N}=0,6

Holz-Tisch:

\mu_{Haft}=\dfrac {F_{Haft}}{F_{N}}=\dfrac {1,8\, N}{2,5\, N}=0,7          \mu_{Gleit}=\dfrac {F_{Gleit}}{F_{N}}=\dfrac {1,2\, N}{2,5\, N}=0,5

Beachte:

Die Reibungszahlen sind  – wie die Bezeichnung bereits sagt – reine Zahlen ohne Einheit. Sie geben das Verhältnis zwischen Reibungskraft und Normalkraft an.

Ist die Reibung stark, so sind die Reibungszahlen groß, bei wenig Reibung sind sie klein.

Merke: Reibungszahlen liegen in der Regel zwischen 0 und 1!

Nur bei wenigen Materialpaarungen ist die Reibungszahl größer als 1. Dann kleben die Reibungspartner förmlich zusammen.

Die Reibungszahlen hängen von vielen weiteren Faktoren ab (Temperatur, Feuchte, Oberflächenbeschaffenheit, Schmierung etc.), so dass es keine absolut richtigen Werte gibt.

Hier ein paar Richtwerte für Reibungszahlen für verschiedene Materialpaarungen:

Reibungspartner Haftreibungszahl μHaft Gleitreibungszahl μGleit
Stahl auf Stahl 0,2 0,1
Holz auf Stein 0,7 0,3
Holz auf Holz 0,5 0,3
Stahl auf Eis 0,03 0,01
Autoreifen auf Asphalt (trocken) 1 0,9
Autoreifen auf Asphalt (nass) 0,8 0,6
Autoreifen auf Asphalt (vereist) 0,2 0,1
Stahl auf Beton 0,35 0,2
Stein auf Stein 1 0,9

Berechnung von Reibungskräften

Sind die Reibungszahlen für eine Materialpaarung bekannt, so lassen sich Gleitreibungskraft und maximale* Haftreibungskraft berechnen:

Dazu stellen wir die Formel für die Reibungszahlen um und erhalten

Für die Haftreibungskraft:        F_{Haft}=\mu_{Haft}\cdot F_{N}

Für die Gleitreibungskraft:        F_{Gleit}=\mu_{Gleit}\cdot F_{N}

Beispiel:

Ein Holzkörper mit einer Masse von m = 8 kg liegt auf einer Steinoberfläche. Um ihn in Bewegung zu setzen, muss man eine Schub- oder Zugkraft aufwenden, die der maximalen Haftreibungskraft entspricht. Wir benötigen dafür die Normalkraft sowie die Reibungszahlen.

Die Normalkraft entspricht der Gewichtskraft des Holzklotzes, also

F_{N}=F_{G}=m\cdot g=9,81\, \frac {N}{kg}\cdot 8\, kg=78,48\, N

Die Haftreibungszahl für die Reibungspartner Holz auf Stein entnehmen wir der Tabelle (s.o.). Sie beträgt \mu_{Haft}=0,7.

Damit können wir die maximale Haftreibungskraft berechnen:

F_{Haft}=\mu_{Haft}\cdot F_{N}=0,7\cdot 78,48\, N=54,94\, N

Die Gleitreibungszahl beträgt \mu_{Gleit}=0,3. Damit ergibt sich für die Gleitreibungskraft

F_{Gleit}=\mu_{Gleit}\cdot F_{N}=0,3\cdot 78,48\, N=23,54\, N

*Maximale Haftreibungskraft:

Die Haftreibungskraft kann nicht größer sein als die aufgewandte Schub- oder Zugkraft. Wollen wir wissen, bei welcher Kraft sich ein Körper in Bewegung setzt, so suchen wir die maximale Haftreibungskraft, bzw. die maximale Zugkraft.

Luftreibung oder Luftwiderstand

Eine weitere häufig auftretende Reibungskraft im Alltag ist die Luftreibung bzw. der Luftwiderstand.

Im Gegensatz zu Haftreibung oder Gleitreibung ist die Luftreibung von der Geschwindigkeit abhängig.

Es gilt:

Die Luftwiderstandskraft ist proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit.

Das bedeutet:

Verdoppelt sich die Geschwindigkeit, so vervierfacht sich der Luftwiderstand.

Der Luftwiderstand hängt außerdem von der Oberfläche und der Form des Körpers ab. Bei niedrigen Geschwindigkeiten ist der Luftwiderstand in der Regel vernachlässigbar.

Genaueres zum Luftwiderstand findest Du bei LEIFIphysik.