Grundlagen zum Verständnis der Schrödingergleichung
1. Klassische Wellengleichung
2. Die Wellenfunktion (Ψ-Funktion)
3. Differentialgleichungen
4. Komplexe Zahlen und Eulersche Formel
5. Operatoren und partielle Ableitungen
1. Klassische Wellengleichung
2. Die Wellenfunktion (Ψ-Funktion)
3. Differentialgleichungen
4. Komplexe Zahlen und Eulersche Formel
5. Operatoren und partielle Ableitungen
Die eindimensionale Wellengleichung einer fortschreitenden (sich in positive x-Richtung bewegenden) Sinuswelle lautet:
In dieser Form wird die Auslenkung am Ort mit der Zeit zunächst negativ. Für die entgegengesetzte Ausrichtung entsprechend würde gelten:
(Beide Formen sind völlig gleichberechtigt.)
Die Wellengleichung enthält die Abhängigkeit des Schwingungszustandes eines Oszillators auf dem Wellenträger von der Zeit und vom Abstand vom Erreger.
Für einen stationären Zustand (also für eine stehende Welle) gibt es nur eine Ortsabhängigkeit.
Für diesen Fall lautet die Wellengleichung:
(Wie oben bereits beschrieben, kann das Vorzeichen der Auslenkung willkürlich gesetzt werden – bei der Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist sowieso nur das Quadrat der Wellenfunktion von Bedeutung).
Die Wellenfunktion für den linearen Potentialtopf entspricht genau dieser Funktion einer stehenden Welle.
Für diesen Fall können wir also schreiben:
mit der Bedingung bzw.
(In den Topf der Breite passen nur ganzahlige Vielfache der halben Wellenlänge.)
Die Bedeutung der Wellenfunktion wurde bereits im Abschnitt zum Jönsson-Experiment sowie zum linearen Potentialtopf erläutert. Hier noch einmal die wichtigsten Zusammenhänge:
Die -Funktion beschreibt damit den quantenmechanischen Zustand eines Elementarteilchens.
Da es sich bei der Schrödingergleichung um eine Differentialgleichung (abgekürzt: DGL) handelt, sollte man wissen, was man unter einer Differentialgleichung versteht, und was es bedeutet, eine Differentialgleichung zu lösen.
Unter einer Differentialgleichung versteht man eine Gleichung, in der neben einer Funktion auch Ableitungen dieser Funktion (sowie unabhängige Variablen) erscheinen.
Ein Beispiel für eine Differentialgleichung, die sich aus einem physikalischen Sachverhalt ergibt, ist die Differentialgleichung einer harmonischen Schwingung:
Bei einer harmonischen Schwingung ist die rücktreibende Kraft proportional zur Auslenkung (Elongation).
Es gilt also und damit das lineare Kraftgesetz:
mit = Richtgröße
Die Rückstellkraft ist der Elongation entgegengerichtet. Bei einer Feder ist die Federkonstante.
Außerdem gilt allgemein und damit für jeden Zeitpunkt der Schwingung:
(Grundgleichung der Mechanik)
Damit gilt:
und für die Beschleunigung ergibt sich:
(1)
Sowohl die Beschleunigung als auch die Elongation sind zeitabhängig, also Funktionen der Zeit.
Dabei gilt:
Die Beschleunigung ist die zweite Ableitung des Weges (hier: Elongation) nach der Zeit. Wir können also für Gleichung (1) schreiben:
Damit haben wir eine Differentialgleichung. Der Quotient ist für einen bestimmten Oszillator konstant und kann daher durch eine Konstante ersetzt werden. Dann lautet die Differentialgleichung:
bzw.
Dies ist die Differentialgleichung einer harmonischen Schwingung.
Eine Differentialgleichung zu lösen, bedeutet, eine Funktion – in diesem Fall eine Funktion – zu finden, die die Differentialgleichung erfüllt. Durch das Einsetzen einer solchen Lösungsfunktion ergeben sich dann bestimmte Bedingungen, z.B. lassen sich daraus bestimmte Energiewerte berechnen.
Schauen wir uns die DGL einmal an und überlegen: Die Bedingung für die gesuchte Funktion lautet:
“Die gesuchte Funktion , multipliziert mit dem Faktor soll gleich der zweiten Ableitung dieser Funktion sein.”
Man kann nun raten, welche Funktion diese Bedingung erfüllen könnte.
In diesem Fall ist es einfach:
Eine mögliche Funktion ist die Sinusfunktion (die zweite Ableitung der Sinusfunktion ist ).
Für dieses Beispiel ist die Lösungsfunktion schon bekannt. Es handelt sich um die Schwingungsgleichung einer harmonischen Schwingung:
bzw. (für )
Dabei ist die Amplitude. Der Einfachheit soll die Amplitude betragen. Dann lautet die zweite Ableitung dieser Funktion
Setzt man nun diese Funktion bzw. ihre zweite Ableitung in die DGL ein, so ergibt sich:
Diese Gleichung ist erfüllt, wenn gilt:
, also bzw.
Eine mögliche Lösungsfunktion für die Differentialgleichung lautet also
mit
Hätte man als Lösungsfunktion die entsprechende Kosinusfunktion geraten, hätte es ebenfalls geklappt.
Auch die Funktion stellt also eine mögliche Lösungsfunktion dar.
Es gibt noch eine weitere Funktion, die eine Lösung der o.g. Differentialgleichung darstellt, und zwar die Funktion
wobei gelten soll: bzw.
Es handelt sich bei “” um eine sogenannte imaginäre Zahl (bzw. die imaginäre Einheit). Imaginäre Zahlen gehören zu den komplexen Zahlen. Was man darunter versteht, erfährst Du im nachfolgenden Abschnitt 4. Nehmen wir die o.g. Definition erst einmal hin und überprüfen, ob die genannte Funktion tatsächlich eine Lösung der DGL darstellt:
Wir setzen also in die Differentialgleichung in der Form (s.o.) die genannte Funktion sowie ihre zweite Ableitung ein.
Die zweite Ableitung dieser Funktion lässt sich schreiben als
Info: ist eine Rechenvorschrift und bedeutet, das man alles, was dahinter steht,
zweimal nach der Zeit ableiten soll
Damit lautet die Differentialgleichung:
Leitet man nun die Funktion entsprechend der Rechenvorschrift (mit Hilfe der Kettenregel) zweimal ab, so ergibt sich
Mit (s.o.) folgt: und damit bzw. (s.o.)
Damit haben wir gezeigt:
Die Funktion ist ebenfalls eine Lösung der Differentialgleichung mit der gleichen Bedingung, die sich auch mit der Sinusfunktion ergeben hat.
Komplexe Zahlen bestehen aus einem Realteil und einem Imaginärteil.
Für eine komplexe Zahl gilt: , wobei der Realteil und der Imaginärteil ist.
Es gelten folgende Zusammenhänge:
Eulersche Formel (1748)
bzw.
(Es gilt: )
Die Eulersche Formel stellt praktisch das Bindeglied zwischen trigonometrischen Funktionen und komplexen Zahlen dar.
Man kann komplexe Zahlen auch grafisch darstellen:
links: kartesisches Koordinatensystem rechts: Polarkoordinaten
Bei Polarkoordinaten wird der Abstand zum Ursprung und der Winkel gegenüber der x-Achse angegeben.
Es gilt: und
und damit umgekehrt: und
Wichtig für uns ist:
Die komplexe e-Funktion ist eine nützliche Alternative zu trigonometrischen Funktionen und stellt in den folgenden Fällen die wesentlich einfachere Lösung dar.
(Man muss dafür nichts über komplexe Zahlen wissen, es reicht aus, sich an die Rechenvorschriften zu halten!)
Zusatzinfo:
Aus der Eulerschen Formel (s.o.) ergibt sich die sog. Eulersche Identität:
Für den Winkel gilt:
Eulersche Identität
Diese Identität stellt einen verblüffend einfachen Zusammenhang zwischen den vier beteiligten mathematischen Konstanten und her.
Richard Feynman nannte diese Gleichung in seinem Notizbuch die „bemerkenswerteste Formel der Welt“, andere nennen sie die schönste Formel der Mathematik.
Ein Operator ist eine Rechenvorschrift, die auf das, was hinter dem Operator steht, angewendet werden soll.
Beispiele:
1. Die Funktion soll nach abgeleitet werden.
Dies lässt sich schreiben als oder alternativ als .
Die zweite Ableitung lässt sich schreiben als oder alternativ als .
2. Die Funktion soll zwei mal nach abgeleitet werden.
Dies lässt sich schreiben als oder alternativ als
Diese Schreibweise haben wir bereits oben benutzt.
Oft hängen Größen nicht nur von einer, sondern von mehreren Variablen ab. So kann der Funktionswert (z.B. eines Kraftfeldes) von allen drei Raumkoordinaten sowie von der Zeit abhängen. Will man eine solche Funktion ableiten, dann stellt sich die Frage: Nach welcher Variablen soll die Funktion abgeleitet werden?
Die Funktion lässt sich sowohl nach , oder ableiten.
Leitet man eine Funktion nur nach einer Variablen ab, so spricht man von einer partiellen Ableitung.
Die Rechenvorschrift für eine partielle Ableitung nach wird geschrieben als .
Genauso könnte man die Funktion nach oder ableiten. Die Rechenvorschriften dafür lauten entsprechend
und
Bei einer partiellen Ableitung nach einer Variablen werden alle anderen Variablen (nach denen Du nicht ableitest) wie Konstanten behandelt.
Der sog. Nabla-Operator ordnet einer Funktion die erste Ableitungsfunktion zu. Das Formelzeichen dieses Operators ist das Symbol oder auch . Es handelt sich formal um einen Vektor, dessen Komponenten die partiellen Ableitungen sind.
Es gilt:
(Der Funktion wird ihre erste Ableitungsfunktion zugeordnet)
Für den dreidimensionalen Raum gilt:
Wenn der Nabla-Operator vor einer Funktion steht, bedeutet das also, man soll die Funktion dahinter nach allen Variablen (partiell) ableiten.
Der Laplace-Operator ordnet einer Funktion die zweite Ableitungsfunktion zu.
Es gilt die Beziehung:
Es gilt:
(Der Funktion wird ihre zweite Ableitungsfunktion zugeordnet.)
Für den dreidimensionalen Raum gilt:
Also ist der Laplace-Operator für den dreidimensionalen Fall.
Wie wir sehen, ist die Schreibweise mit Operatoren wesentlich kürzer und eleganter als wenn man jede Rechenvorschrift komplett ausschreibt.
Ein weiterer in der Mechanik oder Quantenphysik gebräuchlicher Operator ist der Hamilton-Operator . Dabei handelt es sich um einen Energieoperator, der z.B. die Energiezustände im Atom liefert. Wie andere Operatoren wird er auf die dahinter stehende Funktion angewendet.
Der Hamilton-Operator enthält Funktionen für die kinetische und potentielle Energie und lässt sich schreiben als
bzw.
Dabei beschreibt die kinetische Energie und das Potential (potentielle Energie).
Die Konstante (gesprochen: h quer, auch als reduziertes Plancksches Wirkungsquantum bezeichnet) ist nichts anderes als die Plancksche Konstante geteilt durch :
Es handelt sich dabei also um eine Kurzschreibweise für einen in der Quantenmechanik häufig auftauchenden Quotienten.